Geschichte des Friedrichstädter Klinikums
Adelspalais wird zum Stadtkrankenhaus
Das Grundstück, auf dem sich heute das Städtische Klinikum befindet, überließ August der Starke 1727 seiner ehemaligen Geliebten, Fürstin von Teschen, Herzogin von Württemberg und Teck. Wohl bereits 1728 errichtete J.C. Naumann einen bescheidenen Bau mit achteckiger Eingangshalle und darüberliegendem Festsaal.
1736 ging das Gelände in den Besitz des Grafen Heinrich v. Brühl über, der es sich als Landsitz von Knöffel ausbauen, sowie zwei Seitenflügel, Orangerie und Westflügel, anbauen ließ. Der Garten wurde in jenen Jahren zu einer prachtvollsten privaten Parkanlagen in Sachsen.
Nach dem Tode Brühls lagen Palais und Garten verlassen, bis der Kabinettsminister und Direktor der Porzellanmanufaktur Meißen Camillo Marcolini das Grundstück erwarb und 1778 mit seiner jungen Gemahlin einzog. Er ließ ein Stockwerk aufsetzen und den Ostflügel anbauen. Infolge der Reichhaltigkeit an Kunstschätzen und der Großzügigkeit des Besitzers war das Palais gesellschaftlicher Mittelpunkt und erhielt den Namen seines Eigentümers.
Im Erdgeschoß des Marcolinipalais befinden sich die Räume des berühmtesten Besuchers unseres Hauses. Im chinesischen und pompejanischen Zimmer wohnte vom 10. Juni bis 25. Juli 1813 und vom 04. bis 15. August 1813 Napoleon. Hier fand auch am 26. Juni 1813 die folgenschwere Unterredung zwischen Fürst Metternich und Napoleon statt, welche Napoleon mit den Worten beendete: "Es kann mich den Thron kosten, aber ich werde die Welt in ihren Trümmern begraben".
Nach dem Sieg über Napoleon wurde Marcolini nach Prag verbannt.
Sein Sohn verkaufte das Grundstück 1835 an den Stadtrat Carl Ernst Werner für nur 31.000 Taler. Dieser ließ das kostbare Inventar versteigern und vermietete die Räume an Dresdner Bürger und begüterte Ausländer.
Von 1847 bis 1849 wohnte hier Richard Wagner. Er schrieb an seinem Lohengrin, traf sich mit dem russischen Anarchisten Bakunin und beteiligte sich an den Maiaufständen 1849.
Aufgrund der immer unzulänglicher gewordener Krankenhausverhältnisse in Dresden wurde 1845 der Entschluß gefaßt, das Marcolinische Palais zu erwerben und zum Stadtkrankenhaus umzubauen. Die ersten Patienten unseres Hauses waren Verwundete des Maiaufstandes von 1849. Offiziell öffnete das neue Stadtkrankenhaus mit 52 Stuben und 160 Betten am 27. November 1849.
Das Krankenhaus genoß von Beginn an in der Bevölkerung und in medizinischen Fachkreisen einen sehr guten Ruf, der neben der großzügigen Ausstattung vor allem dem hochqualifizierten Personal zu verdanken war. Stellvertretend für viele seien als hervorragende Persönlichkeiten die Chirurgen Zeis und Fromme, der Urologe Nitze, die Internisten Päßler und Beickert, die Pathologen Zenker, Birch-Hirschfeld, Schmorl und Letterer, der Gynäkologe Ganse und der Dermatologe Werther genannt.
Das äußere Bild des Krankenhaushauptgebäudes entspricht noch heute der baulichen Situation von 1849.
Der barocke Gartensaal (heute Foyer im Haus A), der Festsaal und die Räume, in denen sich Napoleon aufhielt (mit kostbaren chinesischen Tapeten und mit pompejanischer Malerei), haben sich aus dem 18. Jahrhundert erhalten.
Die anderen Raumgestaltungen fielen dem Funktionswandel des Krankenhauses zum Opfer. Ähnlich erging es dem einst berühmten Garten. Dennoch hat die gesamte Anlage etwas von der Atmosphäre des 18. Jahrhunderts behalten, die den Patienten und Mitarbeitern des Klinikums wertvoll ist und als Denkmal gepflegt wird.
Der Küferbrunnen stellt den Kellermeister Marcolinis dar, der in seiner Trunkenheit den Spund aus dem Fasse zieht und den Wein auslaufen läßt. Dieses Kunstwerk wird Thaddaeus Ignatz Wiskotschill (1753 - 1795) zugeschrieben.
Der Neptunbrunnen (1741 - 1744) überdauerte als die größte und schönste Brunnenanlage Dresdens alle Stürme der Zeit.
Entworfen wurde dieses Wasserkunstwerk von Zacharias Longuelune und geschaffen von Lorenzo Matielli. Auf felsiger Höhe Neptun, den Dreizack schwingend und in einem Muschelwagen stehend, an seiner Seite Amphitrite.
Der Festsaal im Marcolinipalais ist der einzige Barocksaal Dresdens, der noch an die Ära Brühl erinnert.
1745 entstanden die illusionistischen Wandmalerein von Stefano Torelli. Von 1849 bis 1936 diente der Saal als Krankenhauskapelle und wurde bis in die 80iger Jahre des 20. Jahrhunderts als Hör- bzw. Vortragssaal genutzt.
Seit Ende 1989 können Patienten und Besucher des Klinikums bei abendlichen Konzerten die einmalige Akustik dieses Saales genießen.